Höß plädiert für eine Willkommenskultur

Bereits nächste Woche werden im Haus Rheinland in Bad Wiessee 39 Asylbewerber einziehen. Damit sei die Quote für dieses Jahr erfüllt und die Container vorerst vom Tisch, so Bürgermeister Höß. Jetzt sind die Wiesseer Bürger zum Mithelfen aufgefordert.

Bei der gestrigen Bürgerversammlung informierte Bürgermeister Peter höß über die neuesten Entwicklungen in Sachen Asylbewerber.
Bei der gestrigen Bürgerversammlung informierte Bürgermeister Peter Höß über die neuesten Entwicklungen in Sachen Asylbewerber.

Das Hitze-Hoch Annelie war vermutlich Schuld daran, dass die hinteren Reihen im Saal des Gasthofs Post spärlicher besetzt waren. Aber auch die Hälfte des Wiesseer Gemeinderats glänzte gestern durch Abwesenheit. Dabei war diese außerordentliche Bürgerversammlung Rathauschef Peter Höß (FWG) ein besonderes Anliegen. Im Mittelpunkt stand das Thema, das auch Bad Wiessee unter den Nägeln brennt: die Unterbringung von Asylbewerbern.

Insgesamt 39 werden schon nächste Woche in das Haus Rheinland einziehen. Die Gemeinde hatte es vor einem halben Jahr für 1,15 Millionen Euro gekauft und vermietet es dem Landratsamt als Flüchtlingsunterkunft. Zunächst für zwei Jahre. „Der Mietvertrag ist von meiner Seite unterschrieben“, so Höß, „es handelt sich um eine ortsübliche Miete.“ Die Konditionen dafür wollte er nicht verraten. Doch man könne sich darauf verlassen, dass er rechnen könne.

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Container sind vorerst vom Tisch

Inzwischen sei auch das vorhandene Mobiliar entfernt worden, denn zwei Männern sei ein Doppelbett nicht zumutbar. Außer es kämen Familien. Aber das wisse man nicht. Deshalb seien nun Einzelbetten und Spinde angeschafft worden. „Mit dem Haus Rheinland können wir unsere Solidarverantwortung gegenüber dem Landkreis erfüllen.“ Bis zum Jahresende müsse Bad Wiessee 45 Asylbewerber unterbringen. Diese Zahl sei mit den sieben Afghanen, die schon länger im Ort lebten, bereits in den nächsten Tagen erreicht.

Damit sei auch das Thema Container vom Tisch, vorerst jedenfalls. Zusätzliche Container hatte vor Tagen CSU-Gemeinderat Florian Sareiter in die Diskussion gebracht. Denn er vermute, dass es bei den über 40 Asylbewerbern nicht bleiben werde. Um dieser Befürchtung zu begegnen, zitierte Höß ein Schreiben des Landratsamts, es gebe inzwischen einige Angebote von Privatpersonen aus Wiessee, die Räume für Asylbewerber zur Miete angeboten hätten.

„Wiessee soll ein toleranter Gastgeber werden“

Da die Anbieter aber um vertrauliche Behandlung gebeten hätten, habe die Gemeinde keine weiteren Informationen. Sie werde erst dann informiert, wenn es einen Vertrag mit einem Eigentümer gebe. Dies sei aber noch nicht der Fall. Höß sieht dies positiv: „Damit ist noch ein gewisser Puffer da, damit wir unserer Solidarverpflichtung gerecht werden.“ Höß wünscht sich, dass Wiessee ein guter und toleranter Gastgeber wird. „Die Asylbewerber sollen nicht nur von uns profitieren, sondern wir auch von ihnen.“ Beifall.

Im Rathaus werde künftig Sissi Mereis Ansprechpartnerin und Koordinatorin für die freiwilligen Helfer sein. Für den 7. Juli sei ein Treffen des ehrenamtlichen Helferkreises geplant. Die Resonanz sei zwar positiv, so Höß in seinem Plädoyer, doch bei Weitem nicht ausreichend. „Bitte melden Sie sich“, appellierte der Rathauschef an die Versammelten im Postsaal.

Keine Hilfen von der Staatsregierung

Max Niedermeier, der Integrationsbeauftragte des Landkreises, malte eine düstere Prognose. Bislang gebe es 520 Asylbewerber, bis Jahresende sollen es bereits 900 sein. 1.000 aber hält Niedermeier für realistischer. Hinzu komme, dass die Regierung von Oberbayern nun auch den Notfallplan Asyl aktiviert habe. Dies bedeute für Miesbach, dass demnächst 200 Flüchtlinge in der Turnhalle der Berufsschule untergebracht würden. „Dies ist ein Ding der Unmöglichkeit“, schimpfte Niedermeier, „und das für sechs oder acht Wochen.“

Bereits die Unterbringung von 40 Flüchtlingen vor zwei Jahren im Sommer in der Turnhalle sei eine „Katastrophe“ gewesen. „Die 200 werden uns nun aufs Auge gedrückt. Aus, fertig.“ Die Kreisstadt werde nun damit auch zur Außenstelle der Erstaufnahme, da die Bayern-Kaserne in München wieder überfüllt sei. „Wie es weitergeht, kann mir niemand in der Staatsregierung sagen. Von dort gibt es ganz wenige Hilfestellungen“, beklagte Niedermeier.

Inzwischen gebe es etwa 200 freiwillige Helfer im Landkreis. Doch die könnten immer nur reagieren, nicht aber planen. „Doch wir können improvisieren“, so der Integrationsbeauftragte, „das könnt ihr Wiesseer auch.“ Und gab ein paar Tipps. Wichtig seien vor allem Deutschunterricht, Betreuung und Freizeitunternehmungen, aber auch Fahrten, beispielsweise ins Landratsamt und zur Miesbacher Moschee.

Über 200 Asylbewerber müssen demnächst in der Miesbacher Turnhalle untergebracht werden. / Archivbild
Über 200 Asylbewerber müssen demnächst in der Miesbacher Turnhalle untergebracht werden. / Archivbild

Niedermeier gab zu bedenken, dass die Flüchtlinge eine lange Tortur hinter sich hätten und eben aus einem anderen Kulturkreis stammten. Deshalb solle man einfach etwas nachsichtiger sein. Grundsätzlich seien „alle ganz lieb und dankbar“. Seine engagierte Überzeugungsarbeit wurde mit langem Beifall belohnt.

Ein Bürger fragte nach der Verweildauer im Haus Rheinland. Die Antwort war: Alle, die zu uns kommen, werden länger bleiben. Und es werden noch viel mehr werden, prognostiziert UNHCR, das UN-Flüchtlingshilfswerk, in einer aktuellen Meldung.

Bereits jetzt sei die Zunahme im Vergleich zum Vorjahreszeitraum dramatisch: Um 83 Prozent stieg die Zahl der Flüchtlinge, die über das Mittelmeer kommen. In Bad Wiessee war es nun die erste Bürgerversammlung zur Asylproblematik, aber sicher nicht die letzte.

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