Wider den Baumfrevel

Viel böses Blut gibt es immer wieder, wenn geschützte Bäume dem Gewinnstreben von Bauherrn zum Opfer fallen. Ob am Klosterjägerweg, in der Jägerstraße oder zuletzt am Freihausweg. Dem könnte die Gemeinde nun einen Riegel vorschieben: mit einer Baumschutzverordnung. Der Wiesseer Bürgermeister Höß will das Thema „zeitnah angehen“.

Ein Marterl für einen gefällten Baum in Bad Wiessee.
Ein Marterl für einen gefällten Baum in Bad Wiessee

Um die Attraktivität ihrer angebotenen Eigentumswohnungen zu erhöhen, lassen Bauträger kurzerhand Bäume fällen, die den Blick auf See und Berge beeinträchtigen könnten. Freier Blick erhöht den Verkaufswert. So geschehen jüngst im Freihausweg. Der Tölzer Bauträger Erwin Wiegerling ging dabei – zumindest nach Darstellung seiner Nachbarin – besonders dreist vor. Er ließ auf dem Nachbargrundstück einen Baum fällen, einen etwa 35 Jahre alten Kirschbaum.

Die Grundstückseigentümerin ist erbost. Inzwischen zeugt ein Marterl von der gefällten Kirsche. Nicht weniger dreist war der Wiesseer Bauträger Otto Ebster. Er schickte zweimal die Baumfäller in seine Baugrundstücke in der Jägerstraße und im Klosterjägerweg. Dort wurden drei Bäume unzulässig gekappt, darunter auch eine geschützte Rotbuche.

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Als Konsequenz verhängte die Gemeinde eine saftige Geldbuße im angeblich fünfstelligen Bereich. Die will Ebster nicht zahlen. Nun liegt der Fall mit dem Aktenzeichen 41 OWI 36 JS 35044/14 beim Amtsgericht Miesbach. Der Ausgang des Rechtsstreits mit der Gemeinde ist noch offen.

Baumschutzverordnung brächte Rechtssicherheit

Damit es nicht mehr zu solchen Umweltsünden kommt, sprach sich der Wiesseer Anton Linsinger auf der Bürgerversammlung für eine Baumschutzverordnung für den Ort aus. Linsinger muss es wissen, denn von Berufs wegen ist er Baumfäller. Vielleicht blutet ihm ja das Herz, wenn er beauftragt wird, schützenswerte Bäume zu fällen? Mit einer Baumschutzverordnung hätte er zumindest mehr Rechtssicherheit.

So beklagt Linsinger, dass in Wiessee „immer wieder sehr schöne, gesunde und alte Bäume, teils aus Unwissenheit, gefällt werden“. Mit einer Baumschutzverordnung hätte man die Möglichkeit, sinnlosen Baumbeschädigungen und Fällungen Einhalt zu gebieten. So könnte dann festgeschrieben werden, „welche Baumarten geschützt sind und welche nicht“, so Linsinger in seinem Antrag.

Rathauschef Peter Höß (Wiesseer Block), offensichtlich genervt von den ständigen Querelen mit Bauträgern, griff die Anregung Linsingers dankbar auf:

Der Erlass einer Baumschutzverordnung könnte für Bad Wiessee durchaus sinnvoll sein. Denn sie bietet einen weitergehenden Baumschutz als derzeit in unserer Ortsgestaltungssatzung festgelegt ist.

Die Satzung sei derzeit noch relativ schwammig: „Auf den nicht überbaubaren Flächen bebauter Grundstücke dürfen für das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild oder für den Lärmschutz oder die Luftreinhaltung bedeutende Laubbäume nicht beseitigt, beschädigt oder unterbaut werden.“

Welcher Laubbaum ist „bedeutend“?

Solange nicht definiert ist, was „bedeutende Laubbäume“ sind, so lange werden wohl schmerzfreie Baulöwen weiter zur Säge greifen. Höß ist klar, dass für Vollzug und Überwachung einer Baumschutzverordnung auf alle Fälle fachkundiges Personal notwendig ist. „Es muss jemand in der Lage sein, eindeutig und möglichst rechtssicher bestimmen zu können, ob ein an sich geschützter Baum so krank ist, dass er gefällt werden kann oder muss, oder ob er noch erhalten werden kann.“

Nach einer illegalen Baumfällaktion liegt der 30 Meter hohe Baum am Boden / Archivbild aus 2012
Nach einer illegalen Baumfällaktion liegt ein 30 Meter hoher Baum am Boden. / Archivbild aus 2012

Dabei stellt Höß klar: „Wenn der Erhalt eines Baums Vorrecht vor der Durchführung einer Baumaßnahme hat, dürften auch vermehrt gerichtliche Streitigkeiten auf die Gemeinde zukommen.“ Das Thema sei eine sehr komplexe Angelegenheit, die noch mit der Naturschutzbehörde und anderen Fachstellen geklärt werden müsse. Dann, so der Wiesseer Bürgermeister, könnte die Baumschutzverordnung im Gemeinderat behandelt werden. Und er betont: „Wir werden dieses Thema zeitnah angehen.“

Denn: lässt die Gemeinde zu viel Zeit verstreichen, spielt sie skrupellosen Bauträgern weiterhin in die Hände.

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